Objekt des Monats

Hugenottenhaus in Groß Ziethen

Mit dem "Objekt des Monats" stellen wir Ihnen jeden Monat ein Exponat aus unserer Sammlung vor. Dieses Objekt wird in der Dauerausstellung gezeigt und kann vor Ort angeschaut werden.

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Hugenottenhaus in Groß Ziethen
Hugenottenhaus in Groß Ziethen
Objekt:
Ländliches Bauernhaus, Hugenottenhaus in Groß Ziehthen
Verfasser:
Johannes Rosenthal (1882-1953)
Datierung:
1942
Maße:
ca. 34,5 cm (B) x 39,6 cm (H)
Technik:
Handzeichnung auf Papier
Inventar-Nr.:
AFrD: Inv.Nr. 424 und 425

Einführung

Die Zeichnung zeigt eines der ältesten Bauernhäuser in Groß Ziethen, welches wohl von eingewanderten Réfugiés errichtet wurde. Nur wenige Häusern aus der Zeit der Ansiedlung sind in den ländlichen Gebieten der Uckermark erhalten geblieben. Angefertigt wurde die Zeichnung vom Regierungsbaurat Johannes Rosenthal (1882-1953), der sich besonders für den Erhalt und die fachgerechte Sanierung schützenswerter Gebäude einsetzte.
Karl Manoury (1894-1966), zuletzt Pfarrer der franz.-ref. Gemeinden in Potsdam und Berlin, bekam die Zeichnungen zweier sog. Kolonistenhäuser vermutlich für die Ausstellung im Hugenottenmuseum. Er war selbst Nachfahre einer Hugenottenfamilie, die 1686 in Groß Ziethen angesiedelt wurde.

Neusiedler in der Uckermark

Der Dreißigjährige Krieg hatte im ganzen Land Dörfer ausradiert und auch die Wirtschaft lag am Boden. Kurfürst Friedrich Wilhelm war viel daran gelegen, die Wüstungen auf dem Land wieder zu besiedeln und Arbeitskräfte ins Land zu holen. Somit sollten in den völlig wüst liegenden Dörfern wie Groß- und Klein Ziehten oder Buchholz in der Uckermark durch das Potsdamer Edikt von 1685 überwiegend französischsprachige Réfugiés angesiedelt werden.
Um den französischen Glaubensflüchtlingen einen Anreiz zur Einwanderung und Niederlassung zu schaffen, bekamen die Neusiedler Hilfe beim Aufbau ihrer Häuser, persönliche Freiheiten, Land und Saatgut sowie die Freiheit von Steuerzahlungen und anderen Auflagen.
Die Finanzierung der geplanten Ansiedlung stellte sich als schwierig heraus und Kurfürst Friedrich Wilhelm setzte zum großen Teil auf Kollektengelder. Es darf angenommen werden, dass die Réfugiés beim Bau ihrer Häuser selbst einiges an Kraft und Aufwand aufzubringen hatten.

Das Hugenottenhaus in Groß Ziehten

Das sogenannte Kolonistenhaus in Groß Ziehten fügt sich im Aufbau und Grundriss in die regionale Hauslandschaft ein und wurde in üblicher Fachwerkbauweise errichtetet. Es hat, ebenfalls der Zeit entsprechend, einen mittig liegenden Flur mit einer Schwarzen Küche. Rechts und links dieser Räume sind Stuben und Kammern angeordnet. Laut Zeichnung wurde zu späterer Zeit noch ein Anbau hinzugefügt.

Bei dem Haustyp könnte man von einem standardisierten Bauprojekt sprechen, das je nach Stellung und Beruf des Bewohners in unterschiedlicher Größe errichtet wurde. Waren Orte durch den Tabakanbau geprägt, so baute man Häuser mit einem oberen Geschoss aus. In den Balken des Dachraumes sind dann vielfach noch kleine Holzstifte nachweisbar, an denen Tabakschnüre zum Auffädeln der Tabakblätter befestigt werden konnten.
Einige dieser Hugenottenhäuser der Uckermark haben sich bis heute erhalten, so z.B. in Buchholz bei Gerswalde oder im Dorf Hammelspring

Literatur:

Winkelmann, Joachim: Regierungsbaurat Johannes Rosenthal. In: Angermünder Heimatkalender 2014 (2013).
Reichelt, Martina: Das sog. Hugenottenhaus in Hammelspring, Uckermark. Saarbrücken 2008.
Asche, Matthias: Neusiedler im verheerten Land. Münster 2006.
Manoury, Karl: Die Geschichte der franz.-ref. Provinzgemeinden. Berlin 1961.