Objekt des Monats

Jubiläumskelch der Weißbierbrauerei Landré 1885

Mit dem "Objekt des Monats" stellen wir Ihnen jeden Monat ein Exponat aus unserer Sammlung vor. Dieses Objekt wird in der Dauerausstellung gezeigt und kann vor Ort angeschaut werden.

Bild
Jubiläumskelch der Weißbierbrauerei Landré 1885
Jubiläumskelch der Weißbierbrauerei Landré 1885
Objekt:
Jubiläumskelch der Weißbierbrauerei Landré
Hersteller:
W. Zerner, E. Liebs, M. Obst
D. Vollgold & Sohn, Berlin
Datierung
1885
Maße:
47cm (H), Fuß Ø 22cm, Kelchglas Ø 16,8 cm
Material:
Glas mit Silbermontierung
Inventar-Nr.
AFrD: Inv.Nr. 410

Einführung

Der Jubiläumskelch wurde zum fünfzigjährigen Bestehen der Weißbierbrauerei Adolph Landré gefertigt. Die Weißbierbrauerei in der Stralauer Straße 36/37 in Berlin befand sich seit 1835 im Besitz der Familie und wurde 1852 von Adolph Landré (1828-1892) übernommen.
In der Deckelumschrift heißt es:  Zur Erinnerung an das 50jährige Bestehen der Weissbierbrauerei A. Landré Stralauerstrasse 36/7. Berlin, den 28ten September 1885 W. Zerner E Liebs M Obst.
In der Sammlung befinden sich außerdem noch ein Firmenplakat sowie zwei Weißbiergläser der Brauerei, die zu den bekanntesten unter den französischen Brauereien in Berlin zählte.

Die Weißbierbrauereien der Familie Landré

Die Familie Landré kam in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nach Berlin. Erstes Refuge nach dem Edikt von Fontainebleau war Kassel, wo die Familie einige florierende Textilmanufakturen betrieb. In der dritten und vierten Generation zogen die Familienmitglieder in andere Orte weiter und kamen so auch nach Berlin. Im Jahre 1835 erwarb Charles Fréderic Edouard Landré, Sohn eines Handschuhmachers, die seit 1780 bestehende Weißbierbrauerei in der Stralauer Straße 36/37. Nach seinem frühen Tod führte seine Frau Johanna das Unternehmen weiter und übernahm 1856 auch die Kluge´sche Weißbierbrauerei in der Münzstraße 3. Diese wurden von ihrem Sohn Jean Charles (Carl) Landré weitergeführt.

Die steigende Nachfrage konnte am bestehenden Produktionsstandort kaum gestillt werden und so wurde im Jahre 1866/67 im Prenzlauer Berg eine eigene Mälzerei errichtet und später der Brauereibetrieb ebenfalls auf das Mälzerei-Grundstück verlegt.
Das Unternehmen wurde 1872 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, die Berliner-Weissbier-Brauerei Actien-Gesellschaft vorm. C. Landré. Die Brauerei war in Berlin inzwischen stadtbekannt.

Einfluss der Hugenotten auf die Berliner Trinkkultur

Da das Braurecht in Berlin gegen Ende des 17. Jahrhunderts leicht zu erwerben war, ließen sich auch einige französische Brauer nieder. Im Jahr 1700 gab es in Berlin einen, in der Dorotheenstadt sieben und in der Friedrichstadt neun französische Brauer.
Es ist anzunehmen, dass die Ausbreitung und spezielle Entwicklung der weißen Biere zur später typischen „Berliner Weiße“ mit den Einflüssen der Hugenotten in Verbindung gebracht werden muss. Den französischen Réfugiés soll das „schwere braune“ nicht zugesagt haben. Somit wurde in den von ihnen errichteten Braustätten ein leichtes Weizenbier gebraut. Das französische Weißbier entwickelte sich so zum Berliner Nationalgetränk.

Literatur:

Annemüller, Gerolf: Die Berliner Weiße. Ein Stück Berliner Geschichte. Berlin 2008
Landré, Ivo: Die Weißbierbrauereien der Familien Landré in Berlin. In: Hugenotten, 62. Jg., Nr. 3, 1998
Wilke, Jürgen: Einflüsse französischer Sprache u. Alltagskultur. In: Hugenotten in Berlin. Berlin 1988